Fledermäuse haben zu Unrecht einen ganz üblen Ruf: Ein gängiges Vorurteil lautet, es handele sich dabei um blutrünstige Vampire! Aber schaut man sich die Fakten an, stellt sich heraus, dass von den 1.300 Fledermausarten lediglich einige wenige, in Südamerika beheimatete Arten tatsächlich Blutsauger sind. Und das sind zweifellos nicht jene gruseligen Vampire, die man aus Horrorfilmen kennt, sondern kleine Fledermausarten, die sich in aller Regel bei Rindern und Ziegen bedienen. Nach einem kleinen Biss trinken sie ein paar Tropfen Blut, oftmals bei schlummernden Tieren. Meistens spürt eine Kuh oder eine Ziege die Attacke nicht einmal. Im Grunde ist dies nichts anderes als wenn zum Beispiel eine Mücke einen schlafenden Menschen anzapft. Die Brillenblattnasen im Burgers’ Zoo ernähren sich hauptsächlich von Früchten, aber auch Insekten, Nektar und Pollen werden nicht verschmäht. Wasser trinken sie während des Fluges: Sie nehmen im Sturzflug mit dem Maul Wasser von der Oberfläche eines Gewässers auf. Das lässt sich wunderbar an der Wasserstelle in der Höhle im Burgers’ Zoo beobachten. Aufmerksame Besucher werden ab und zu Zeuge dieses Verhaltens.
Dennis betreut gemeinsam mit seinen Tierpfleger-Kollegen diese besondere Gruppe von Säugetieren, die relativ eng mit Primaten, also auch mit dem Menschen verwandt sind: „Einmal im Jahr, zumeist irgendwann im Herbst, fangen wir alle Brillenblattnasen ein, die in der Höhle im Abenteuertunnel zwischen Bush und Desert zu Hause sind“, erzählt Dennis. „Für das Wohlergehen der Tiere ist es wichtig, dass das Geschlechterverhältnis nicht zu sehr unter Druck gerät. Normalerweise lebt diese Fledermausart in haremähnlichen Verbänden, obwohl es auch Junggesellengruppen gibt. Wenn im Verhältnis zu viele männliche Tiere in einer Gruppe leben, versuchen all diese Männchen, sich mehrere Weibchen zu sichern. Das führt zu Kämpfen untereinander und kann eine Menge Stress in der Gruppe verursachen. Wir streben daher ein Verhältnis von einem Drittel Männchen zu zwei Dritteln Weibchen an.“
Brillenblattnasen
Bei der jüngsten Zählung im Herbst 2021 lebten zum Beispiel 337 Tiere in der Höhle: 122 männliche, 213 weibliche und 2 Jungtiere, deren Geschlecht noch nicht bestimmt werden konnte, weil sie noch so klein waren, dass sie sich fest ans Fell der Mutter klammerten. Bei der vorangegangenen Zählung indes hatte sich herausgestellt, dass zu viele Männchen in der Gruppe lebten und deshalb 50 von ihnen in das Ökodisplay Bush umziehen mussten. Dennis: „Was die meisten Besucher nicht ahnen, ist, dass wir im Bush eine Junggesellengruppe von Brillenblattnasen beherbergen. Diese Tiere sind nacht- und dämmerungsaktiv, die meisten Besucher bekommen sie nie zu Gesicht. Brillenblattnasen übernehmen nichtsdestotrotz eine wichtige Rolle im Ökosystem. Wenn sie Früchte fressen, nehmen sie oft kleinere Früchte zu ihrem Schlafplatz mit. Auf diese Weise tragen sie zur Verbreitung der Fruchtsamen bei. Größere Früchte verputzen sie in der Regel direkt am Mutterbaum; in diesem Fall ist ihre Rolle als Samenverbreiter weniger bedeutsam. Wenn sie Pollen fressen und Nektar trinken, nehmen sie vermutlich einige dieser Pollen in den Haaren rund ums Maul mit und können auf diese Weise zur Pflanzenbestäubung beitragen.“
Neben den Brillenblattnasen leben in Burgers’ Bush auch Rodrigues-Flughunde, die sich ebenfalls hauptsächlich von Früchten ernähren. Der größte Unterschied zwischen beiden Gattungen besteht darin, dass die Brillenblattnasen ihre Nahrung mithilfe von Echoortung aufspüren. Sie senden für Menschen nicht hörbare Ultraschallwellen aus, die beim Aufprall auf Objekte zurückgeworfen werden. Mit ihren großen Ohren fangen die Brillenblattnasen diese reflektierten Wellen auf, und ihre Gehirne verarbeiten diese Informationen zu einer Art mentalen Karte von der Umgebung. Flughunde nutzen keine Echoortung, sie finden ihre Nahrung hauptsächlich auf Sicht.
Rodrigues-Flughunde
Worauf kommt es bei der Versorgung dieser Fledermäuse an? „Brillenblattnasen sind ursprünglich in den tropischen Regenwäldern Mittelamerikas, der Antillen und des nördlichen Südamerikas zu Hause. Daher besitzt ihre Unterkunft im Burgers’ Zoo eine hohe Luftfeuchtigkeit: In der Höhle im Tunnel schwankt diese zwischen 80 und 90 Prozent bei einer ebenfalls hohen Temperatur von 23 bis 24 Grad Celsius. Zweimal am Tag überprüfen wir Temperatur und Luftfeuchtigkeit. An den Scheiben haben wir Gebläse installiert, sonst könnten die Besucher vor lauter Feuchtigkeit ja gar nichts sehen“, erzählt Dennis. „Wir sind äußerst vorsichtig beim Betreten des Geheges. Eine Brillenblattnase wiegt nur etwa 15 Gramm, und wir achten sehr darauf, ob nicht vielleicht Jungtiere auf dem Boden liegen, die erst noch fliegen lernen müssen. Wussten Sie übrigens, dass eine Brillenblattnase täglich das Äquivalent ihres eigenen Gewichts an Nahrung zu sich nimmt? Das ist doch bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie winzig das Tier ist.“
Brillenblattnasen kennzeichnet eine relativ lange Trächtigkeitsdauer: Diese variiert zwischen vier und sieben Monaten. Fledermäuse sind nämlich in der Lage, unter ungünstigen Umständen oder bei einem Zuviel an Stress die Tragzeit zu verlängern. Diese variable Tragzeit ist für ein Säugetier durchaus bemerkenswert. In der Regel bekommen Brillenblattnasen ein Junges, aber es kommen auch Zwillingsgeburten vor. Im Burgers’ Zoo haben wir schon Fledermäuse mit zwei Jungtieren gleichzeitig beobachtet.
Zum Schluss erwähnt Dennis noch eine Besonderheit, die Besuchern zumeist entgeht: „Die Jungen klammern sich fest an das Fell der Mutter, wenn sie noch ganz klein sind. Je größer sie werden, desto schwerer werden sie, und die Mutter hat zunehmend Mühe, mit dieser ‚Fracht‘ zu fliegen. Ab einem bestimmten Alter werden daher die Jungtiere an einem sicheren Ort ‚abgehängt‘, bis die Mutter dorthin zurückkehrt, um ihr Junges zu füttern. Irgendwann sind die Jungen schließlich groß genug, um für sich selbst zu sorgen. Sie unternehmen ihre ersten vorsichtigen Flugversuche, bis sie am Ende genauso geschickt fliegen können wie die erwachsenen Brillenblattnasen.“
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