Der Burgers’ Zoo ist für seine Ökodisplays bekannt: natürlich gestaltete Lebensräume, in denen Tiere oft in großer Freiheit, teils inmitten von Tausenden Pflanzen, leben und Besucher dieses Habitat aus nächster Nähe erleben können. In einem Ökodisplay wird ein spezifisches Ökosystem so naturgetreu wie möglich imitiert. Aber was heißt das in der Praxis nun konkret? Was sind die besonderen Merkmale eines solchen Ökodisplays? Worüber haben sich Biologen und Zoodesigner bei der Konzeption Gedanken gemacht? Und welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen? In dieser Reihe möchten wir anhand einiger Beispiele aus der Praxis den eigenen Charakter jedes Ökodisplays skizzieren. In dieser Ausgabe: der Bush.
In Burgers’ Bush lernen wir die Welt des tropischen Regenwalds kennen. Wie der Name schon sagt, fällt in einem solchen Lebensraum viel Niederschlag. Um dieses Phänomen nachzuahmen, wird unser Bush jede Nacht mehrere Stunden lang mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem beregnet. Das Wasser, das wir dafür verwenden, ist teilweise aufgefangenes Regenwasser. Außerdem speichern wir in den heißen Sommermonaten überschüssige Wärme in unserem unterirdischen Wärme-Kälte-Speicher, die wir im Winter wieder nach oben pumpen. So benötigen wir weniger Heizenergie, um die passenden Temperaturen im Bush zu erzeugen.
In einem feuchtwarmen Klima wie diesem gedeiht die Vegetation natürlich üppig. Das ganze Jahr über müssen die Pflanzen in Burgers’ Bush regelmäßig zurückgeschnitten werden, aber die größten Mengen werden im Herbst gekappt. Die Wiederverwertung der wertvollen Nährstoffe ist in einem tropischen Regenwald essenziell. Auf den ersten Blick würde man aufgrund der opulenten Vegetation und der immensen Vielfalt an Pflanzenarten vermuten, dass der Boden in einem tropischen Regenwald sehr nährstoffreich sein muss. Aber das Gegenteil ist der Fall: Der Boden ist ausgesprochen mager. Tropische Regenwälder werden aus diesem Grund manchmal auch als „bewaldete Wüsten“ bezeichnet. Sämtliche Nährstoffe, die von Bakterien, Schimmelpilzen und Kleintieren durch den Abbau von verrottendem Pflanzenmaterial freigesetzt werden, nimmt das Wurzelsystem der Pflanzen sofort wieder auf und nutzt sie für weiteres Pflanzenwachstum.
Ein Großteil des Pflanzenrückschnitts wird gehäckselt und wieder in den Waldboden eingebracht. So bleiben die Nährstoffe in Burgers’ Bush im System. Der Kreislauf ist intakt, die Pflanzen werden nicht zusätzlich gedüngt. Ein kleiner Teil der frischen „Grünabfälle“ wird auch als Tierfutter verwendet, beispielsweise für die Elefanten oder für laubfressende Affen. Im tropischen Regenwald tobt ein ständiger Kampf um das Sonnenlicht, deshalb siedeln sich viele Pflanzen in den Baumkronen auf den Zweigen anderer Pflanzen an: sogenannte Aufsitzerpflanzen oder Epiphyten. Der Rückschnitt ist auch aus forstwirtschaftlichen Gründen wichtig: Wir möchten die Vielfalt der unterschiedlichen Entwicklungsstadien des tropischen Regenwalds demonstrieren.
Wie im Regenwald fällt auch in unserem Bush schon einmal ein Baum um. Das nutzen wir, um kleine Lichtungen zu schaffen, auf denen das Sonnenlicht vorübergehend den Boden erreicht. Dadurch bekommen die Pflanzen am Waldboden die Chance, sich in ihrem Wachstum voll zu entfalten.
Der tropische Regenwald in Burgers’ Bush ist ein komplexes Ökosystem, in dem alle Tierarten ihre eigene Nische besetzen. Manche der kleineren Tiere, wie Fische, Saumfingerechsen, viele Insektenarten und kleine Frösche, werden von anderen Tierarten aktiv gejagt. Manchmal nimmt eine bestimmte Ameisenart zahlenmäßig Überhand. In konventionellen Tiergehegen werden in dieser Situation kleine Giftbehälter außer Reichweite der Hauptbewohner platziert. In einem Ökodisplay würde dadurch aber das untere Ende der Nahrungskette vergiftet – mit allen unerwünschten Folgen, die man sich vorstellen kann. Es muss also nach einer biologischen Lösung gesucht werden, die zum Beispiel in der Einführung eines natürlichen Feindes dieser Ameisenart bestehen kann. Selbstverständlich darf sich aber auch dieser natürliche Feind nun seinerseits nicht allzu erfolgreich vermehren … Mit anderen Worten, eigentlich sind wir unablässig damit beschäftigt, nach Lösungen zu suchen und sehr vorsichtig einzugreifen, um ein natürliches Gleichgewicht zu schaffen.
Es gibt aber nicht nur die unterschiedlichsten Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Tierarten, sondern auch wichtige Tier-Pflanzen-Beziehungen. So sind beispielsweise manche Pflanzenarten für die Bestäubung auf ganz bestimmte Tierarten, wie Vögel oder Fledermäuse, angewiesen. In anderen Beispielen fressen Säugetiere oder Reptilien Früchte, deren Samen sie an anderer Stelle mit dem Kot wieder ausscheiden.
Darüber hinaus beeinflusst eine Reihe externer Faktoren das Verhalten der Tiere. Wenn Sie als Besucher zum Beispiel am späten Nachmittag in den Zoo kommen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Flughunde ziemlich aktiv sind, während Sie andere Tiere kaum zu sehen bekommen. Runzelhornvögel ernähren sich normalerweise hauptsächlich von Früchten. Aber wenn ein Runzelhornvogel-Paar Junge hat, steigt der Bedarf an proteinreicher Nahrung. Würde man eine solche Vogelfamilie in Burgers’ Bush halten, würden die Eltern deshalb nach tierischer Beute wie Saumfingerechsen, Fröschen und jungen Vögeln suchen, obwohl wir eiweißreiches Futter zufüttern. Die Biologen und Tierpfleger müssen deshalb abschätzen, ob die Population potenzieller Beutetiere einer Runzelhornvogel-Familie gewachsen ist oder ob das System durch ihre Anwesenheit zu stark aus dem Gleichgewicht geraten würde.
So könnte man noch zahllose weitere Beispiele anführen, um die Komplexität und die gegenseitigen Abhängigkeiten im Ökodisplay Bush zu illustrieren: Wir könnten ein dickes Buch darüber schreiben. Hier ging es aber darum, die Dynamik anhand einiger Praxisbeispiele zu veranschaulichen. Außerdem bedeutet die Vielzahl variabler Faktoren, dass ein Besuch in diesem Ökodisplay jedes Mal anders ist als beim letzten oder beim nächsten Mal: Burgers‘ Bush überrascht und verblüfft seine Besucher immer wieder aufs Neue, und es ist jedes Mal die Frage, was Sie diesmal entdecken werden.
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