Bei der Gestaltung eines modernen Tiergeheges achtet man sehr genau auf das natürliche Verhalten der dort untergebrachten Tierart. Was braucht das Tier? Hat es genügend Rückzugsmöglichkeiten? Arten, die ursprünglich in einem tropischen Regenwald leben, müssen Zugang zu einem beheizten Innenbereich haben, sobald es draußen zu kalt wird. Daneben versuchen wir, das natürliche Verhalten der Tiere zu stimulieren, indem wir sie mit verschiedenen Formen der Verhaltensanreicherung (Behavioral Enrichment) überraschen. In dieser Ausgabe geht es um die spannende Frage: Ist ein Leopard ins Schimpansengehege eingedrungen?
Schimpansen sind hochintelligente Menschenaffen. Ihre DNA ist zu mehr als 98 Prozent mit der des Menschen identisch. Bei Schimpansen haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass sie in der Lage sind, Werkzeuge zu benutzen, um ihre Ziele zu erreichen. In freier Wildbahn verwenden sie beispielsweise Zweige, von denen sie zunächst die abstehenden Ästchen abbrechen, um Termiten aus ihrem Termitenhügel zu fischen. Oder aber sie benutzen Steine, um harte Nüsse zu knacken.
Zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse über Schimpansen stammen von der Arnheimer Schimpansengruppe. 1971 war der Burgers’ Zoo der erste Zoo weltweit, der eine Schimpansengruppe mit mehreren erwachsenen Männchen hielt, genau wie in freier Wildbahn. Viele Experten waren überzeugt, dass Schimpansen-Männchen dafür zu aggressiv wären. Die anfängliche Skepsis schlug jedoch schnell in Bewunderung und Neugier um. Seit der Gründung der Gruppe wurde das Verhalten dieser Tiere wissenschaftlich erforscht. Berühmte Forscher wie Frans de Waal und Otto Adang verbrachten längere Zeit mit der Arnheimer Schimpansenkolonie. Ihre wissenschaftliche Arbeit führte zu bahnbrechenden Erkenntnissen und veränderte unser Bild von unseren nächsten Verwandten nachhaltig.
Wissenschaftler haben unter anderem herausgefunden, dass Schimpansen sehr gut miteinander kooperieren, um ein Ziel zu erreichen, auch wenn einzelne Tiere selbst nicht davon profitieren (Altruismus). Schimpansen scheinen sich auch miteinander versöhnen zu können: Sie legen Konflikte bei und „verzeihen“ dem Aggressor sein Verhalten nach einiger Zeit. Otto Adang gelang es sogar, treffende Vergleiche zwischen einer Gruppe von Schimpansen-Männchen auf dem Kriegspfad und einer Gruppe von Fußball-Hooligans auf dem Weg zu einer Konfrontation mit Rivalen anzustellen! Seine Erkenntnisse werden immer noch in Polizeischulungen über Gruppenverhalten und Deeskalationsmethoden bei Gruppenaggression angewandt.
Bei einem weiteren Verhaltensexperiment konnte beobachtet werden, wie die Tiere reagieren würden, wenn sie in ihrem großen Außengehege einen potenziellen Feind entdeckten. Zu diesem Zweck wurde ein lebensechtes Leoparden-Stofftier an einer gut sichtbaren Stelle im Außengehege platziert. Kurz nachdem die Schimpansengruppe aus dem Innengehege ins Freie kam, wurde der „Leopard“ entdeckt. Schlagartig herrschten große Aufregung und Aufruhr. Nach viel Gekreische und Imponiergehabe aus der Ferne (vor allem seitens der Männchen) wurden die Affen neugierig.
Langsam aber sicher und mit vorsichtigen Schritten näherte sich die Vorhut der Gruppe ihrer potenziellen Bedrohung. Insbesondere ein halbwüchsiges Männchen, das damals gerade zu einem höheren Rang in der Gruppe aufstieg, zeigte sich sehr mutig und begann, mit Stöcken nach dem vermeintlichen Leoparden zu werfen. Als die Reaktion ausblieb, wurden die Männchen kühner und näherten sich dem Plüschleoparden Schritt für Schritt. Bis der erste wagemutige Schlag das Stofftier traf und umwarf. Wenig später wurde es unter lautem Jubel und immer mehr mutigen Teilnehmern nach allen Regeln der Kunst auseinandergerissen. Es herrschte große Erleichterung, denn die „Gefahr“ war gebannt!
In einem Tierpark, in dem konkurrierende Nachbargruppen ebenso selten sind wie echte Bedrohungen, kann eine solche vorgetäuschte Gefährdung sehr anregend sein, um die Gruppe in Aktion zu versetzen und ihren Zusammenhalt zu stärken.
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