Stolz gewährt Tierpfleger Tim te Vruchte uns einen Blick in die erfolgreiche Aufzuchtanlage für Winkerkrabben hinter den Kulissen des Ökodisplays Mangrove. Sein Stolz ist durchaus berechtigt, denn was das Mangrove-Team zusammen mit dem Biologen Max Janse geschafft hat, ist etwas ganz Besonderes. Die Zucht von Winkerkrabben ist ein heikler Prozess, der sehr große Sorgfalt verlangt und bisher weltweit echte Pionierarbeit darstellt: In Arnheim gibt es nun die ersten selbst gezüchteten Winkerkrabben!
Tim erklärt, dass die Zucht mit einer gründlichen Vorbereitung begann. Dank des Wissens und der Erfahrung eines deutschen privaten Hobby-Biologen wurde hinter den Kulissen der Mangrove ein spezielles System nachgebaut. Hier wird eine kleine Gruppe von Winkerkrabben gehalten, vor allem mit der Absicht, sie für die Zucht einzusetzen. Auch vor den Kulissen in der Mangrove laufen regelmäßig Weibchen mit Eiballen umher. Tim erklärt den Fortpflanzungsprozess der Winkerkrabben: „Die Paarung findet in kleinen Höhlen auf der Schlammfläche statt, woraufhin das Weibchen befruchtete Eiballen produziert. Dabei handelt es sich um kleine Eiklumpen, die das Weibchen unter seinem Bauchpanzer zusammenhält, regelmäßig mit frischem Wasser versorgt und ständig reinigt.“
Nach etwa anderthalb bis zwei Wochen sprintet das Weibchen aus der Höhle ins Wasser, um die Eier abzusetzen, aus denen kurz darauf winzige Larven schlüpfen. Sowohl in der Aufzuchtanlage als auch vor den Kulissen müssen Tim und seine Kollegen in diesem Moment sofort handeln: So schnell und effizient wie möglich werden die Larven aus dem Wasser gefischt und in ein anderes System gebracht. Sonst ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie in einem Filter enden oder – in der Mangroven-Halle vor den Kulissen – von anderen Tieren gefressen werden.
Und dann fängt die eigentliche Herausforderung an. Die winzigen Larven fressen winzige Nahrung: Rädertierchen (Brachionus), also tierisches Plankton bzw. Zooplankton. Um das tierische Plankton am Leben zu halten, wird auch winziges pflanzliches Plankton (Phytoplankton) gezüchtet, das den Rädertierchen als Nahrung angeboten werden muss, aber teilweise auch von den Winkerkrabben gefressen wird. Darüber hinaus müssen sich die Larven fortwährend im Wasser bewegen: Dafür muss in einem sogenannten „Kreisel“ (ein kreisförmiges, vertikal aufgestelltes Aquarium) eine konstante, sehr feine Strömung sichergestellt werden. Sorgfalt und Präzision sind für das Überleben der außerordentlich empfindlichen und verletzlichen Winkerkrabben-Larven absolut unerlässlich. Auch Wasserqualität und Temperatur spielen eine große Rolle.
„Das Besondere an diesem Prozess ist, dass wir vieles durch Ausprobieren lernen mussten, weil über die Zucht von Winkerkrabben noch so wenig bekannt ist ", sagt Tim. „Die Larven durchlaufen drei Stadien und häuten sich mehrmals, um zu wachsen: Nach dem ersten Larvenstadium (Zoea-Stadium), in dem sie sich fünf- bis sechsmal häuten, erreichen sie nach einer Transformation das Stadium der „Winkerkrabbe mit Schwanz“ (Megalopa-Stadium). Nach weiteren zwei bis drei Häutungen befinden sie sich schließlich im Stadium einer Miniatur-Winkerkrabbe ohne Schwanz.“
Im Grunde schaffen wir hier ein eigenes kleines Ökosystem mit spezieller Luftbehandlung, sanfter Wasserbewegung und einer konstanten Versorgung mit Nahrung, unter anderem in Form von Algenwachstum. Aus der ersten Züchtung sind jetzt mindestens fünf Krabben auf eine Größe von etwa zwei Zentimetern angewachsen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis diese ersten selbstgezüchteten Sprösslinge vor die Kulissen der Mangroven-Halle kommen.
Tim erklärt, dass das Team bereits eine Menge aus dem Prozess gelernt hat, aber einige Fragen logischerweise noch offen sind. Vieles ist noch unbekannt oder wurde bisher zumindest nie wissenschaftlich beschrieben. In unserer Zuchtsituation schaffen viele Larven die Übergangsphase vom ersten zum zweiten Larvenstadium nicht. Jede Larvengröße benötigt eine bestimmte Nahrungsgröße. Eine Herausforderung, denn wenn es nicht gut läuft, ist häufig Kannibalismus die Alternative. Vielleicht ist das eine Erklärung für die hohe Ausfallquote? Allerdings gibt es auch in der freien Natur viele Ausfälle, denn der Transformationsprozess von einer Larve zu einer Krabbe ist enorm.
Zwar wissen wir als Biologen und Tierpfleger heute schon viel über das Leben der Tiere, doch es gibt auch viele Dinge, die noch unbekannt sind. Nicht zuletzt dank dieser inspirierenden Pionierarbeit lernen wir immer mehr über Tiere und die Natur! Wir hoffen, dass wir hier in Kürze wieder über die Fortschritte unserer Zucht berichten können.
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