Wer nach einer extrem gefährdeten Tierart gefragt wird, würde nicht als erstes an die Socorrotaube denken. Und dennoch ist dieser Vogel die am stärksten bedrohte Art von allen Tieren im Burgers’ Zoo. Auf der Roten Liste gefährdeter Arten gilt sie als „in der Natur ausgestorben“ und ist damit nur noch einen kleinen Schritt von der Kategorie „ausgestorben“ entfernt. Tierparks auf der ganzen Welt setzen alles daran, um das Aufrücken in diese Kategorie zu verhindern. Unser Socorrotauben-Pärchen in Burgers’ Desert gibt ebenfalls sein Bestes: Die Vögel haben uns 2018 in der ersten Jahreshälfte gleich dreimal mit Nachwuchs erfreut!
Socorrotauben kamen in der Natur nur auf der winzigen Insel Socorro vor (Texel beispielsweise ist dreimal so groß). Sie liegt im Pazifik vor der Küste Mexikos und war lange Zeit unbewohnt. Als sich in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts die ersten Bewohner auf Socorro ansiedelten, ging die Zahl dieser endemischen (in einem begrenzten Gebiet verbreiteten) Tauben schon bald zurück. Schuld waren in erster Linie verwilderte, von den Bewohnern eingeschleppte Katzen. Mit Raubtieren, die am Boden leben, hatten die Tauben nie zuvor zu tun gehabt, sodass sie kein entsprechendes Fluchtverhalten zeigten. Sie waren leichte Beute. Darüber hinaus veränderte sich durch eingeführte Ziegen die Vegetation. Es kam zu Erosionen, in deren Folge geschützte Brutplätze für die Tauben verlorengingen.
Im Jahr 1972 wurde die Socorrotaube als „in ihrem natürlichen Habitat ausgestorben“ erklärt. In Tierparks gibt es gegenwärtig weltweit etwa 160 Exemplare. Der Frankfurter Zoo koordiniert die Zucht dieser Tauben für alle Tierparks in Europa. Derzeit werden die ersten Schritte vorbereitet, um die Tiere wieder auf Socorro freizulassen. 2013 und 2014 wurden Tauben aus europäischen Tierparks in einen Zoo in Mexiko geschickt, wo sie in einer großen Voliere leben und sich gut fortpflanzen. Sobald die Katzenpopulation auf der Insel drastisch dezimiert und die Vegetation wiederhergestellt ist, können junge Tauben nach Socorro gebracht werden.
Ein Zuchtpaar Socorrotauben lebt in Burgers’ Desert in einem separaten Durchgangsgehege, dem sogenannten Canyon, in der Nähe der Gila-Krustenechsen. Nachdem wir einige Jahre nur hochbetagte Socorrotauben oder Tauben desselben Geschlechts beherbergt hatten, ist seit 2017 wieder ein junges Pärchen anwesend. Die beiden Tiere sind in einem englischen und einem schottischen Zoo zur Welt gekommen. Zwischen Tauberich und Täubin stimmt die Chemie, was bei dieser Taubenart keineswegs selbstverständlich ist. Mit dem Ergebnis, dass im April 2018 zwei Junge aus dem Ei schlüpften. Das Zuchtpaar war auf den Geschmack gekommen: Im Juni saß erneut ein Junges in ihrem Nest und mitten im Sommer folgte ein weiteres Gelege, aus denen Junge schlüpften. Wir sind über diesen Zuchterfolg sehr froh!
Da bei den Socorrotauben der Tauberich seinen heranwachsenden Jungen gegenüber ziemlich aggressiv werden kann, wurde der Nachwuchs schon nach einigen Wochen in die große Desert-Halle gebracht. Die jungen Tauben sind in diesem Alter schon völlig selbstständig. Zoobesucher können folglich sowohl das Brutpärchen besuchen als auch die Taubensprösslinge in der großen Desert-Halle fliegen sehen.