Der Burgers’ Zoo ist für seine Ökodisplays bekannt: natürlich gestaltete Lebensräume, in denen Tiere oft in großer Freiheit, teils inmitten von Tausenden Pflanzen, leben und Besucher dieses Habitat aus nächster Nähe erleben können. In einem Ökodisplay wird ein spezifisches Ökosystem so naturgetreu wie möglich imitiert. Aber was heißt das in der Praxis nun konkret? Was sind die besonderen Merkmale eines solchen Ökodisplays? Worüber haben sich Biologen und Zoodesigner bei der Konzeption Gedanken gemacht? Und welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen? In dieser Reihe möchten wir anhand einiger Beispiele aus der Praxis den eigenen Charakter jedes Ökodisplays skizzieren. In dieser Ausgabe: das Ökodisplay Desert.
Burgers’ Desert ist in der Welt der europäischen Tierparks die größte amerikanische Felsenwüste. Wir zeigen unseren Besuchern in diesem Ökodisplay die Wüsten im Südwesten der USA und im Norden Mexikos: eine Kombination aus Sonora-Wüste (Arizona und Mexiko) und Mojave-Wüste (Kalifornien). Da die amerikanische Felsenwüste nicht in den Tropen liegt, herrschen deutlich voneinander verschiedene Jahreszeiten. Im Sommer kann es glühend heiß sein, im Winter empfindlich kühl. Eine kurze Regenzeit bringt heftige Regengüsse, nach denen verschiedene kleinere Pflanzenarten explosionsartig aus dem Boden schießen und die Landschaft vorübergehend mit einem grünen Teppich überziehen. Auch der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht ist beträchtlich und im Sommer sogar extrem.
Für unsere Besucher heizen wir Burgers’ Desert im Winter auf zehn Grad Celsius, aber im Sommer wird dieses Ökodisplay nicht temperiert. Im Rekordsommer 2020 wurden sogar im Schatten Temperaturen über 40 Grad gemessen. Allerdings können eine große Tür und verschiedene Fenster geöffnet werden. Davor platzierte Drahtgitter verhindern, dass unsere Tiere ins Freie entwischen.
Wüsten sind folglich extreme Lebensräume. Viele Tiere und Pflanzen sind dort in der Lage, ihren Wasserverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren. So haben beispielsweise manche Tiere einen sehr konzentrierten Urin, einige Pflanzenarten wie Kakteen verfügen über spezielle Methoden zur Wasserspeicherung. Da Wüstenpflanzen im Allgemeinen sehr langsam wachsen, müssen wir unsere Exemplare gegen Fraßschäden durch die Tiere schützen. Eine weitere Herausforderung im Desert besteht darin, dass einige Tiere auf dem Speiseplan anderer Tiere, wie etwa unserer Rotluchse und Rennkuckucke, stehen. Diese Räuber müssen wir also von ihren potenziellen Beutetieren getrennt unterbringen. Daneben sind gerade Singvögel oft stark territorial, sodass wir nicht zu viele Exemplare einer Art in Burgers‘ Desert frei lassen können.
Landschaftselemente haben wir im Desert bewusst so platziert, dass sie andere Besucher dem Blickfeld entziehen. Wege schlängeln sich zwischen Felsformationen hindurch oder verlaufen abwärts in Höhlen hinein, in denen Tiere ihren Lebensraum haben, um anschließend durch Canyons oder trockene Flussbetten zu führen. Die strategisch positionierten natürlichen Landschaftskomponenten sorgen dafür, dass Besucher, die auf einem anderen Weg gehen, vorübergehend nicht sichtbar sind. Unser ehemaliger Zoodesigner Tom de Jongh hatte auf einer Reise durch die Sonora- und Mojave-Wüste zahlreiche Fotos gemacht, die Natur genau betrachtet und anschließend ein akkurates Kleinmodell gebaut, mit dessen Hilfe die authentische Landschaft exakt nachgebaut wurde. Für Burgers’ Desert haben Spezialisten Kunstfelsen entworfen, bearbeitet und bemalt, um eine möglichst naturgetreue Darstellung zu schaffen. Türen, durch die man in Tiergehege gelangt, wurden oft bewusst unauffällig in die Felswände eingelassen, um das Bild möglichst wenig zu stören.
Andere Bestandteile der Landschaft, die unserem Desert seinen besonderen Charakter verleihen, sind Kopien der Felsmalereien, die die ursprünglichen Bewohner dieser Wüstengebiete vor rund 5.000 Jahren angefertigt haben. Oder die authentischen versteinerten Baumstämme, wie sie auch im Petrified Forest in Arizona zu finden sind. Die simulierte Ausgrabung des Skeletts eines Tyrannosaurus rex, der „verunglückte“ Planwagen mitten in der Wüste oder das verlassene Lagerfeuer im Klapperschlangengehege sind andere wiedererkennbare Landschaftskomponenten.
Aber auch der Pflanzenbestand in Burgers’ Desert ist es wert, erwähnt zu werden. Die beeindruckenden meterhohen Saguaro-Kakteen fallen sofort ins Auge. Dasselbe gilt für die typischen Yuccas, Agaven und Opuntien, die Josuabäume und Kreosotbüsche. Bei den Kakteenarten Greisenhaupt und Schwiegermutterstuhl handelt es sich sogar um Pflanzen, die in der Natur in ihrem Bestand stark gefährdet bzw. vom Aussterben bedroht sind. Anders als in anderen Ökodisplays ist in Burgers’ Desert kein Bewässerungssystem im Dach vorhanden. Die Pflanzen werden von den Gärtnern manuell gegossen. Viele Wüstenpflanzen sind selbstverständlich gut für lange Trockenheitsperioden gewappnet und können sparsamen Regenfall geschickt und effizient für die spätere Nutzung speichern.
Eine bisher noch nicht genannte Herausforderung in Burgers’ Desert ist die Giftigkeit einiger Wüstenbewohner. Damit sind nicht nur bestimmte Pflanzenarten gemeint, die giftige Stoffe produzieren, um sich gegen Fressfeinde zu schützen, sondern auch Tiere wie die Rote Diamant-Klapperschlange und die Gila-Krustenechse. Bei der Pflege und Versorgung der Roten Diamant-Klapperschlangen muss ein umfangreiches Sicherheitsprotokoll befolgt werden. Die hier eingesetzten Tierpfleger müssen außerdem wissen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, falls trotz aller Vorsicht doch einmal jemand gebissen wird. Zum Glück ist das bis jetzt in der gesamten Geschichte unseres Deserts noch nie vorgekommen. Das ist in erster Linie der Sorgfalt zu verdanken, die die speziell ausgebildeten Tierpfleger bei ihrer Arbeit walten lassen.
Es ist unmöglich, in einem Artikel alle Besonderheiten des Ökodisplays Desert zu erläutern, aber Sie haben einiges erfahren, woran Sie sich bei Ihrem nächsten Besuch unserer Felsenwüste wahrscheinlich erinnern werden. Die obigen Schilderungen sollen zu einem besseren Verständnis und einer höheren Wertschätzung dieses außergewöhnlichen Ökodisplays beitragen. Es präsentiert einen Lebensraum, der in nur wenigen Tierparks zu erleben ist.
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